Für alle blutigen Anfänger, die Fragen haben wie ...

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Holger
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Für alle blutigen Anfänger, die Fragen haben wie ...

Beitrag von Holger »

Hilfe, mein Baum verliert Blätter!
Hilfe, meine xy hat az!
Hilfe!
Hilfe, ich habe einen Bonsai geschenkt bekommen!
Hilfe, ich habe keine Ahnung von Pflanzen!
usw., usw., usw.

Hallo erstmal!
Eigentlich ist dies ja ein Diskussionsforum, aber da hier meist nur Anfänger posten, kommen eben auch nur Anfängerfragen... Für euch, liebe Anfänger, aber auch für alle anderen möchte ich ein wenig über Bäume erzählen und was für Bonsai wichtig ist. Unterstützung ist gern gesehen. Nur bitte, hier verzichte auch ich mal auf Grundsatzdiskussionen, werde also andere Meinungen unkommentiert lassen.
Das Ganze wird wahrscheinlich ein wenig länger dauern , denn ich will von ganz vorne anfangen. Ich halte das für sehr wichtig, denn wer einen Baum nicht versteht, der wird ihn auch nicht gut pflegen können...

Viel Spaß beim Lesen!
Holger
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Wie entsteht so ein Baum in der Natur?

Beitrag von Holger »

Ausgangspunkt für das Gedeihen eines Baumes ist wohl, daß eine Same eines Baumes zu Boden fällt, wohin ist zunächst mal unwichtig, ideal ist natürlich fruchtbarer Boden.
Der Samen muß aufquellen, zum einen nimmt er damit Feuchtigkeit auf, die quasi alles in Gang setzt und zum zweiten muß vielleicht auch noch eine Samenschale aufgesprengt werden, dies geschieht dann rein durch den Druck des Wassers in den Zellen. In hartnäckigen Fällen muß sogar erst eine sehr dicke Schale verrotten, um überhaupt eine Keimung möglich zu machen (z.B. Nüsse).
Die Verteilung der Samen geschieht entweder durch Wind oder durch Tiere, die Früchte fressen und eben die Samen wieder ausscheiden....Andere Faktoren, wie z.B. Frost können für ein Starten der Keimung nötig sein.
Stimmen alle Faktoren für die Keimung (Feuchtigkeit, Temperatur reichen meist) kann das große Wachsen beginnen. Es entsteht zunächst eine Wurzel, die den Samen in der Erde verankert.(auf die verschiedenen Wurzelarten gehe ich hier nicht ein, soll ja keine Doktorarbeit werden) Nun bildet sich ein Sproß aus, der anfängt gen Himmel zu wachsen. (woher die wissen das oben und unten ist? Für mich eines der Wunder der Natur, aber ich habe keine Ahnung, könnte mir aber vorstellen, daß Erdanziehung und Erddrehung eine wichtige Rolle spielen) Stop!
Alle "Baustoffe" und die Energie waren bisher im Samen gespeichert.
Auch die Bildung der Keimblätter erfolgt noch unter Benutzung der "Kraftreserven".
Eine neue, bisher noch winzige Pflanze hat soeben das Licht der Welt erblickt.
Holger
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Der Baum wächst weiter

Beitrag von Holger »

Für das weitere Wachstum des Baumes reichen logischerweise seine Kraftreserven aus dem Samen nicht aus. Für ein weiters Überleben und um nichts anderes geht es erstmal sind folgende Dinge unbedingt notwendig:

16 essentielle Elemente, nämlich C , H, O, N, P, K, Ca, S, Mg, Mn, Mo, Fe, Cu, Bo, Cl, Zn.
Die Hauptnährelemente sind hierbei C , H, O, N, P und S, der Rest Spurenelemente

Wasser

Luft

Licht

Temperatur

Die Nährelemente sind die Baustoffe der Pflanze,wovon einige in der Luft und einige im Boden vorhanden sind und entweder über Blätter oder Wurzeln aufgenommen werden.
Wasser ist von entscheidender Bedeutung für den Transport in der Pflanze. Luft wird benötigt um einmal den Kohlenstoff in Form von CO2 aufzunehmen, aber auch der Sauerstoff kommt aus der Luft.
Licht ist der entscheidende Faktor zur Energiegewinnung, ohne die ein Existieren nicht möglich wäre - jeder Vorgang benötigt Energie, sogar die Energiegewinnung. (Man bedenke z.B. daß bei einem Fahraddynamo auch die Bewegung des Rades nötig ist, also Energie gebraucht wird um Licht(-energie) zu erzeugen).
Für die ganzen Vorgänge ist auch eine bestimmte Temperaturspanne nötig, wird sie unterschritten, findet kein Wachstum statt, die dafür notwendigen Vorgänge können nicht ablaufen, wird sie überschritten, geschieht das gleiche (z.B.: Eiweiße denaturieren bei ca 40°C).
Wichtig ist zu verstehen, daß ein Lebewesen Energie braucht um die eigenen Lebensprozesse ablaufen zu lassen.
ES GIBT KEIN PERPETUUM MOBILE
Viele glauben jedoch, ohne zu es zu wissen, ein Baum könne das....(jedenfalls wird man das Gefühl nicht los.
Holger
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Das System Baum wächst

Beitrag von Holger »

Alles ist prima, alles ist wunderbar. Nährstoffe in Hülle und Fülle, Licht, Wasser, Temperatur, alles da. Wobei zu beachten ist: zuviel kann auch schaden. Bäume sind Lebewesen, jede Gattung und Art hat verschiedenste Ansprüche, manche sind anspruchslos, da heißt die Devise: soviel wie möglich über den Baum herausfinden. Wie lebt er, was braucht er für Bedingungen, wieviel von jedem der oben genannten Faktoren?
Aber ich war beim Wachsen. Der Baum wird größer. Jedes Jahr wächst er quasi um sich selbst herum (deshalb die Jahresringe). Tiefer im Kern liegende Holzteile sterben mit der Zeit, die toten Holzzellen dienen dann nur noch der Stabilität. Nur eien relativ dünne äußere Schicht hält den Baum am Leben.
Aber: das Leben ist eines der härtesten, die Umwelt nimmt Einfluß auf ihn.
Ein Wildschwein putzt sich die Hauer an seiner Rinde, der Wind reißt ihm einen Ast aus, die Wunden werden infiziert, usw.
Ein Baum kann nicht weglaufen. Er muß all das Ertragen oder sterben. Das Hauptproblem hierbei sind holzzerstörende Organismen, die über die Wunden eintreten und den Baum quasi auffressen. Warum überlebt er? Er hat ein Abwehrsystem, daß ihm ermöglicht, die Eindringlinge zu begrenzen. Regeneration von geschädigten Zellen ist nicht möglich. Aber er schottet die infizierte Stelle so ab, daß die Organismen nicht tiefer eindringen. Das können verschiedene Bäume verschieden gut. Vor allem aber, werden neue Zellen, die nach der Infizierung gebildet wurden nicht befallen. Deshalb lebt eine Weide, die von innen fast hohl ist, aber der äußere, lebendige Teil ist gesund!
Holger
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Was ist Bonsai und warum funktioniert es?

Beitrag von Holger »

Zunächst ist Bonsai nichts anderes als ein Baum (oder manchmal auch Strauch) in einer Schale. Ein Freund hat mich mal gefragt, als er meinen Ficus sah: "Und das ist jetzt ein spezieller Bonsaibaum?"
Die Antwort kennen die meisten. Natürlich nicht! Bonsai kann im Prinzip mit jeder verholzenden Pflanze betrieben werden. Also streng genommen müsste sogar ein Lavendel gehen (hat vielleicht schonmal jemand ausprobiert)...
Da die meisten wohl nicht den eigentlich richtigen Weg gehen, sondern eher einen Bonsai geschenkt bekommen oder sich mal eben einen kaufen, weil er so schön ist, folgendes: Dieses Hobby ist sehr zeitintensiv, die meisten geben sich ja auch nicht mit einem zufrieden. Und mindstens erfordert es soviel Aufmerksamkeit, wie ein Haustier, nur anscheinend schwieriger zu verstehen.
Warum aber funktioniert das ganze:
Im Prinzip ganz einfach: Dadurch, daß der Baum sowohl an den Wurzeln, als auch in der Krone geschnitten wird, kann er seine Größe behalten. Die Schnittwunden, faulen zwar ein kleines Stück (habe ich weiter oben beschrieben), aber davon stirbt der Baum nicht und statische Probleme sind wohl eher auszuschließen. Das ist das ganze Geheimnis. Der Schnitt zur rechten Zeit im richtigen Maße!
Alles weitere zur Bonsaiphilosophie kann ein Fachbuch besser erklären als ich!
Holger
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Beitrag von Holger »

Ich muß doch noch ein Thema dazwischen fummeln:

DER GROSSE IRRTUM VOM INDOOR:

Geht auch ganz schnell:

Es gibt keine Indoors, es gibt keine Pflanzen die drinnen natürlicherweise leben. Es gibt nur ein paar, die es besser vertragen als andere (Carmnona gehört nicht dazu, muß aber drinnen überwintert werden)
Gerade höhere Pflanzen wie Bäume (das ist nicht auf die Größe, sondern auf die Entwicklung gemünzt) können das nur ganz schwer vertragen, vom Fast-Alleskönner Ficus mal abgesehen.
Stellt doch bitte, bitte eure armen Bäumchen im Sommer nach draussen, sie werden es mit Gesundheit und besserer Widerstandskraft im Winter danken!

Siehste, so schnell geht das

Unbedingt auch den Artikel von Walter Pall über Indoors lesen !!!!!!!!
Zuletzt geändert von Holger am 10.02.2005, 22:25, insgesamt 1-mal geändert.
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donaurieder
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Zum großen Irrtum Von Indoors

Beitrag von donaurieder »

Hallo zusammen.
Letzte Woche las ich eine nette und vor allem lehrreiche Geschichte von HerbertA.
Dank seiner Erlaubniss kann ich sie auch hier ins Forum stellen.

Ich möchte Euch einmal aus der Sicht zweier Bonsai die sprechen können verdeutlichen warum die im Winter die Blätter verlieren und überhaupt so zicken.

Ich leihe den Bäumen mal meine Stimme (Das Gedankenspiel beginnt im ausgehenden Sommer)

Zwei Bäume eine Serissa und ein Ficus stehen nebeneinander auf dem Bonsairegal im Garten. Es ist Ende September.

Ficus sagt zur Serissa. Hey du stinkende Serissa der Sommer war echt geil, aber jetzt werden die Nächte schon ganz schön kühl. Letzte Nacht hatten wir nur 10 Grad.

Serissa sagt zu Ficus - Sag nicht stinkende zu mir du Weichei. Ich bekomme nur Fussschweiss wenn man an meinen Füssen rumschneidet. Und ausserdem sind 10 Grad doch noch herrlich warm du verfrohrenes Elend.

Ficus schreit seinem Herrl: Hey Alter ich will zu Dir in die warme Stube.

Die Serissa haut sich auf dem Regal ab und sagt "Du Depp der versteht uns doch nicht" Zeig ihm einfach dass du zu ihm ins Haus willst. Und wie soll ich ihm das zeigen schreit der Ficus hysterisch zurück. Na indem du eben nicht mehr wächst.

Ein paar Tage später: Herrl sitzt vor der Glotze. Der Wetteronkel sagt gerade dass die Nächte schon empfindlich kühl werden.

Hmm denkt er - mir ist auch schon zu kalt im Garten, da werden meine kleinen süssen putzigen und armen Bäume auch schon frieren. Ich werde sie morgen reinholen in die warme Stube.

Am nächsten Tag wird das Bonsairegal erbarmungslos abgeräumt. Die Serissa schreit sich die Seele aus der Brust -"Hey Alter ich will doch noch im Garten bleiben. Ich brauch doch nur ein bissl Schutz vor Frost. Ich will nicht in die warme Bude!!!!"

Der Ficus grinst und sagt - Hey stinkende Serissa du neunmalkluges Blätterdach, der versteht dich doch nicht.

Jetzt stehn sie in voller Pracht im schön warm eingeheizten Wohnzimmer. Für das Auge des Betrachters vorbildlich und dekorativ aufgestellt.

Der Ficus räkelt sich in der wohligen Wärme und sagt zur Serissa. Hey Stinker warum bist du so ruhig in letzter Zeit. Die Serissa röchelt leise - Du verwärmter Stubenhocker fühlst dich zwar hier bei 22 Grad wohl, aber ich nicht.

Plötzlich grinst die Serissa über die ganze Schale und sagt hey Weichei unser Alter wirft das Internet an. Er schaut bestimmt beim Bonsaiforum vorbei und informiert sich über die richtige Überwinterung einer Serissa.

Nöö sagt der Ficus, der Alte schaut sich nur heisse Bräute an bis ihm der Schweiss auf der Stirn steht. Zeig ihm doch einfach dass es dir hier elend geht.

Ja wie denn? röchelt die Serissa und plötzlich kommt ihr eine Idee. Sie läßt einfach mal die frischen Triebe hängen, ringelt die Blätter ein und wirft auch gleich ein paar Blätter ab.

Herrchen ist schon ganz bekloppt in der Birne vor lauter heissen Sites im Net. Na, werd ich mal ein kleines Päuschen machen und nach meinen Bäumen sehen. Die Serissa himmelt ihn mit allen Blättern an und sagt zum Ficus - jetzt hat er endlich kappiert dass ich gerne in einen kühlen Raum mit heimeligen 10 Grad möchte.

Auweia wie sieht denn die Serissa aus denkt sich der Alte. Ich kombiniere - hängende Triebe, eingeringelte Blätter -ergo natürlich zu wenig Wasser.

Im nächsten Augenblick steht der kleinen Serissa das blanke Entsetzen in der Krone, der Alte greift zur Gießkanne und schüttet sie zu. Die plötzlich wirklich kleine und vor allem arme Serissa sagt ganz leise, dass es der Ficus kaum mehr hören kann.

Hey Weichei, ich hab jetzt meine Winterdepression, ich mach mein Testament. Der Alte hat echt keine Ahnung.

Hmm denkt sich der Bonsaianer - die blöde Serissa zickt echt. Vielleicht steht sie zu hell. Trotz heftigstem Protest der Serissa landet sie in der Küche.

Nachdem der Ficus schon ein paar Tage nichts mehr von der Serissa gehört hat und sich mittlerweile echt Sorgen macht, ruft er in die Küche. "Geht es Dir besser kleine Serissa?

Nein mein Freund wimmert die Serissa leise. Der Alte merkt auch nicht dass mir das Wasser buchstäblich bis zum Hals steht. Der sollte Seerosen züchten aber keine Bonsai halten.

Lieber Ficus - ich mag jetzt nicht mehr leben. Grüß mir im Mai wenn du wieder in den Garten kommst alle unsere Feinde.

Die Blattlaus dieses Mistviech, die Raupe das verfressene Luder und von mir aus auch die ganze Spinnmilbenkolonie, denn alle waren harmlos und im nachhinein betrachtet fast Freunde. Nieeeeeeeeeee hätte ich gedacht dass mein eigentlicher Feind mein uninformierter Besitzer ist.

Dem Ficus rinnen weiße Milchtränen über die Blätter und heulend sagt er "Caio mein Freund - ich hoffe im Jenseits geht es Dir besser"

Ende

Das ganze noch mal korrekt botanisch:

Die TROPISCHEN Bäume werden bei Temperaturen über 15 Grad überwintert (Ficus etc)

ALLE!!! subtropischen Bäume (Ligustrum sinensis, Junischnee, Sagarethie, chin Ulmen und wie sie alle heissen) überwintert man zwischen 0 und ideal 10 Grad. Es geht auch noch bis 15 Grad.

Schadbilder einer zu warmen Überwinterung sind schlaffes herunterhängen der frischen Triebe und einringeln der Blätter. Der Baum sieht aus als würde er verdursten. Tut er aber nicht, ihm ist nur viel zu warm und vor allem wäre er noch zu retten.

Liebe Grüße Herbert.

Ebensolche
Hermann.
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Holger
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Beitrag von Holger »

Pflanzenmaterial aus dem Baumarkt:

Ich habe neulich sog. Bonsai in unserem Baumarkt gesehen, am liebsten hätte ich sie dem Geschäftsführer um die Ohren geschlagen......kaum Wurzeln und die meisten mit Gummis an den Schalen fixiert (damit sie nicht umfallen). An den meisten fehlte sogar eine Pflanzenbezeichnung. Nur ein unbeholfenes, buntes, asiatisch anmutendes Schildchen: "Bonsai".
Soviel zum Thema Nepper, Schlepper, Bauernfänger. Es geht aber auch anders, es gibt auch teilweise brauchbares Material, womit ich zunächst erstmal meine, ob die Pflanze überhaupt eine Chance zum Überleben hat.

Wie kann man das denn nun unterscheiden?

Das Problem: Die meisten dieser Pflanzen, wie auch normale Zimmerpflanzen werden Invitro (so heißt das, glaub' ich) gezogen, das heißt, die stehen komplett in reiner Nährlösung, nix Substrat oder so. Kurz vor der Auslieferung werden sie dann getopft und versand.
Das Ergebnis: Schnell gezüchtete Produkte, die nix aushalten., wenn man nicht sehr vorsichtig damit umgeht und nicht gleich Berserker spielt.

Eine gute Pflanze hat:

Frisches Laub (außer natürlich die, die im Winter das Laub abgeworfen haben), älteres Laub etwas dunkler und stabiler. Labiles Laub ist meist ein Zeichen für übermäßige Stickstoffgabe => schnelles Wachstum, aber keine Chance auf großartige Stabilisierung der Zellen.
Eine gute Pflanze hat einen ordentlich durchwurzelten Topf, aber die Wurzeln schauen nach Möglichkeit noch nicht unten heraus oder quillen oben aus dem Topf. Pflanzen, die man so aus dem Topf oder Schale zupfen kann und zum Vorschein kommen drei Haare sind links liegen zu lassen. Warum sollte ich für mein Geld eine schlechte Qualität kaufen.
Keine Pflanzen mit größeren (außer gewollten) Stammverletzungen kaufen. Im schlimmsten Fall treten Probleme durch die Verletzung und dem allgemeinen schlechten Zustand der Pflanze auf.
Ich will nicht sagen, daß man im Baumarkt nicht Glück haben kann und ein Schnäppchen macht, aber es gehören ne Menge Erfahrung dazu. Für den Anfänger empfiehlt es sich, seine Pflanzen im Fachgeschäft zu kaufen. Das sollten die Euronen wert sein. Es muß ja kein fertiger Bonsai sein, es tut ja auch eine Pflanze aus der Baumschule. Aber auch hier gelten die gleichen Qualitätsmerkmale...
Holger
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Das Mysterium Wasser

Beitrag von Holger »

Wo ich das gerade so lese, fällt mir ein, daß ich diesen Beitrag auch noch mal ergänzen wollte.
Nun also mal etwas zu Wasser und die darüber befindlichen Mysterien:

1. Kalkhaltiges Wasser schadet den Pflanzen

Immer wieder gerne gehört, daß Leitungswasser nicht gut zum giessen ist und sich evtl. im substrat ablagernder Kalk die Pflanze schädigt.
L-Wasser geht hervorragend! Um einer evtl. Verkalkung vorzubeugen, nimmt man ein sehr durchlässiges Substrat und wässert bis es durch die Abzugslöcher hinausläuft. Es bilden sich keine bis kaum Ablagerungen. Einzige Ausnahmen: Pflanzen wie Azaleen, die ein (sehr) saures Substrat benötigen, sollten nicht unbedingt nur Leitungswasser bekommen. Das hängt auch von der Härte ab.

2. Niemals in der Mittagshitze wässern

Doch gerade dann! Bei ausreichender Wasserversorgung ist die Fotosyntheseleistung in der Mittagszeit am höchsten und somit auch die größtmögliche Energieversorgung gegeben! Allerdings nicht mit eiskaltem Brunnenwasser gießen, das könnte einen Kälteschock auslösen. (? Hab ich mal so gelernt, aber ob's stimmt weiß ich nicht, vielleicht auch nur ein Mysterium)

3. Niemals bei Sonneneinstrahlung (Mittags, s.o.) die Blätter mit Wasser begießen

Diese sollen angeblich wegen der Brennglaswirkung verbrennen!
Nac reiflicher Überlegung halte ich auch diese Gärtnerweisheit für Schwachsinn. Nach meinem Wissen liegt der Siedepunkt bei Wasser bei ca. 100°C. Und noch eher beginnt es zu verdunsten, wenn es denn in Tropfen irgendwo rumhängt. Ernsthaft, wie soll sich da eine schädliche Temperatur im Blatt entwickeln, wenn der Tropfen nach kürzester Zeit verschwunden ist? Außerdem brennt ja auch kein Blatt Papier, wenn man eine Lupe darauf legt, oder? Und noch was: es regnet ja auch nicht um die Blätter herum und nach einem sommerlichen Schauer scheint ja auch schnell mal wieder die Sonne (2005 mal ausgenommen).

4. Leitungswasser zu stark gechlort

Hab, ich noch nichts zu beobachtet. ICh wüsste auch nicht, wo in Deutschland noch Trinkwasser so stark gechlort sein darf. (Da würde ich mir dann auch das Trinken mächtig überlegen)
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Thomas
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Beitrag von Thomas »

Hallo Holger,
einige Sachen sind richtig, einige Sachen bedürfen zumindest einer Korrektur.

Holger hat geschrieben:1. Kalkhaltiges Wasser schadet den Pflanzen

Immer wieder gerne gehört, daß Leitungswasser nicht gut zum giessen ist und sich evtl. im substrat ablagernder Kalk die Pflanze schädigt.
L-Wasser geht hervorragend!

Für Zimmerbonsai gilt das nur bedingt.
Im warmen Wohnzimmer ist die Verdunstung hoch und das Ergebnis kanns Du Dir bei diversen im Handel angebotenen Bonsai ansehen, verkrustete Oberfläche usw.
Neben Azaleen gibt es noch andere Arten, die Kalk nicht besonders mögen und da sollte man in Gegenden mit bes. hoher Wasserhärte schon aufpassen. Typisches Zeichen sind bleiche Blätter, da durch zunehmenden Kalkgehalt der pH -WQert steigt und Eisen nicht mehr aufgenommen wird(Chlorose). Und da ist da noch das Chlor.


Holger hat geschrieben:2. Niemals in der Mittagshitze wässern

Doch gerade dann! Bei ausreichender Wasserversorgung ist die Fotosyntheseleistung in der Mittagszeit am höchsten

Und das ist schlichtweg falsch.
In der Mittagshitze machen die meisten Pflanzen ihre Spaltöffnungen zu, um die Verdunstung einzuschränken.
Spaltöffnungen zu, das bedeutet kein Gasaustausch (kein Co2) und keine Wasseraufnahme. Die Photosynthese wird eingeschränkt oder kommt ganz zum Erliegen, die Pflanze lebt von den Reserven..
http://www.expliq.ch/inhalt/pflanze/pflanpass.htm
Also am besten früh oder abends gießen, Kiefern eher früh, die wollen nachts keine nassen Füße.


Holger hat geschrieben:4. Leitungswasser zu stark gechlort
Hab, ich noch nichts zu beobachtet. ICh wüsste auch nicht, wo in Deutschland noch Trinkwasser so stark gechlort sein darf. (Da würde ich mir dann auch das Trinken mächtig überlegen)


Es kommt nicht darauf an, ob nun stark oder schwach chloriert, dafür gibt es ja gesetzliche Grenzen. Chlor ist reaktionsfreudig und reichert sich mit der Zeit im Substrat , meist als Chlorid, ab. Der Boden versalzt .
Das ist kaum ein Problem, wenn man volle Kanne gießt, daß das Wasser nur so aus allen Löchern läuft, nur wer macht das schon und bei Indoors schon gar nicht (siehe Kalk oben).

Fazit Leitungswasser geht, wenn man richtig gießt, Regenwassser ist insbesondere bei Indoors besser.
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donaurieder
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Re: Das Mysterium Wasser

Beitrag von donaurieder »

Holger hat geschrieben:3. Niemals bei Sonneneinstrahlung (Mittags, s.o.) die Blätter mit Wasser begießen

Dazu möchte ich auch noch was loswerden :
Da verfolgt man staunend wie sich in manchen Foren Bonsaianer über mehrere Tage hinweg 'trockene' Argumente um die Ohren hauen, ob denn nun dieser Tropfen auf diesem Blatt wirklich eine so verheerende Wirkung hat ! Während dieser Zeit war ich täglich 2x giesen
und zwar so richtig "pflatsch von oben drauf" !
So manches Mal ist wohl die Theorie wichtiger, als die Erfahrung :evil:
Grüße
Hermann.
Holger
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Beitrag von Holger »

Hallo zusammen!

Wie gerade lese, bin ich immer noch die Sache mit der Sprache schuldig.
Werde mal versuchen spontan dazu ein paar Worte zu verlieren.

Sicherlich können Pflanzen nicht wie Tiere oder sogar Menschen sprechen, das wäre wohl sehr vermessen zu glauben. eigentlich wollte ich mehr auf die Tatsache eingehen, daß Pflanzen durchaus Probleme oder Bedürfnisse mitteilen können. so können verschiedenste Mangelerscheinungen z.B. an den Blättern abgelesen werden. Da es jedoch weitreichende individuelle Symptome gibt, möchte ich diese hier im einzelnen nicht auflisten, aber sicher wird man diese auch im Netz finden. Wichtig ist jedoch, genau hinzusehen, einfach gelbe Blätter reicht da nicht. Da kommt es schon darauf an, ob zuerst junge Blätter oder ältere oder nur die Blattadern oder nur die Blattflächen betroffen sind. Am einfachsten ist aber wohl Trockenheit festzustellen, weiche Triebe hängen schlaff herunter, Blätter drehen sich aus dem Licht oder rollen sich zusammen. Aber am besten immer mehrere Faktoren bedenken, weiche Pflanzenteile können auch bei Nässe herabhängen, das ist dann schon wahrscheinlich so nass, daß die Haarwurzeln verfaulen.
Interessant ist aber auch die Kommunikation zwischen den Bäumen, so können sich z.B. Akazien vor Giraffen warnen, Erlen vor dem Erlenblattkäfer. Beide bilden dann Stoffe, die den Tieren nicht schmecken und auch nicht bekommen, weswegen Giraffen gegen den Wind zum Äsen weiterziehen.

Es gibt noch viel zu lernen über Bäume, die zu den größten Lebewesen gehören!


Schönen Sonntag noch

Holger
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